"Pop.documents"

von Lutz Hagestedt und Mischa Gayring (Hrsg.)

Verlag LiteraturWissenschaft.de (TransMIT)
Marburg an der Lahn 2001

//WEG//WAHRHEIT//LEBEN//

von: Dominik Johannes Schäfer

(It´s crazy what you could have had)

That`s great, it starts with an earthquake, birds and
snakes, an aeroplane an BeneHau is not afraid.

Vorhang. Wege durch die Nacht.

Es ist ein seltsames Gefühl. Allein im Kino. Der Film ist aus und man geht allein nach Haus.

Es ist ein seltsames Gefühl. Mit Freunden in der Kneipe. Das letzte Bier ist getrunken und man geht allein nach Haus.

Also dann doch wieder zurück ins Kino. Ich verstehe nicht, warum die meisten Menschen nicht allein ins Kino gehen wollen. Es fehlt wirklich nichts, so ganz allein im Kino. Also allein heißt jetzt natürlich ohne Begleitung, das kann man beeinflussen. Die anderen Besucher kommen ja, wie sie gerade Lust haben, bringen Freund und Freundin mit - das ist okay, bringen Bier und Popcorn mit - das ist nicht okay, lassen aus Rücksicht Bier und Popcorn vor der Tür - das ist dann doch wieder sehr okay und gibt einen kleinen Pluspunkt.

Doch so richtig okay ist es nur allein, ganz allein, ohne Besucher, ohne Bier, ohne Popcorn, ohne Freunde und ohne Maus, nur ich und der Film, das ist extrem okay.

Meistens kommt dann doch während der Werbung noch irgendein Depp rein und die Stimmung ist dahin. So eine Drecksau, kommt hier einfach so rein und besudelt mein schönes Kinoerlebnis. Der arme Film muss sich von so einem Pisser angucken lassen. Wer guckt ist ein Schwein. Hätte ich ja gleich die Maus mitbringen können.

Oder in die Kneipe gehen, ohne Maus, mit Freunden. Ist ziemlich okay, so ein Bier oder zwei, der Rest trinkt zwar nur Kirschsaft, aber was will ich machen? Ich kann mir schließlich meine Freunde nicht aussuchen. Je mehr ich getrunken habe, desto mehr denke ich, dass die Leute doch eigentlich alle ganz okay sind. Dann ist sogar manchmal die Maus in meinem Kopf ganz okay.

In vino veritas. Aber im Bier liegt die Gleichgültigkeit.

Es ist mir eigentlich so egal, was ich den ganzen Abend gemacht habe. Kino: wunderbar. Kneipe: okay. Leute treffen: wenn ich nicht nüchtern bleiben muss, sage ich nicht nein. Maus treffen: dafür müssen erst härtere Drogen erfunden werden. Es gibt keine Drogen und keine Maus. Also völlig egal. Gleichgültig. Alles irgendwie Konsens. Alles okay.

Das einzig wichtige Ereignis eines Abends ist der Weg ins Bett. Vom Bier benommen oder vom Film berauscht, am Ende ruft doch immer nur das Bett. Das Bett und der Weg und der Rausch. Eigentlich voll okay. Mann bin ich K.O..

You come to me with a bone in your hand...................................You come to me with excuses

Immer diese Angst. Eines Tages werde ich über diese Brücke gehen, das Wilde in meinem Herzen aufblitzen spüren, die Hand aus meinen Hosentaschen ziehen und meinen Schlüssel in die Lahn werfen. Ich werde ihn fliegen sehen. In Zeitlupe. Wie im Kino. Werde unendlich lange Sekunden hoffen, dass alles nur ein Traum ist. Werde meine Wildheit verfluchen. Werde von einem ganz leisen Blupp in die Realität zurückgeholt. Der Schlüssel ist weg. Für immer. Was ist mit der Maus? Die Maus steht garantiert auf wilde Männer, will mit einem heißblütigen Ausbruch gewonnen werden. Dann macht es Blupp und die Maus ist weg. Für immer. Die Hand bleibt in der Tasche und das Herz in der Hose.

I was brought into this life a little lamb

0.25 auf der Bahnhofsuhr. Der große gelbe Mond und die Zeit. Was hatte die Maus geschrieben? Sie muss mich lieben. Wen auch sonst? Nur mich!

1.41 tick, tick, tick. Zwei Herzen im Einklang. Dieser Klang, diese Harmonie, diese Liebe. Eines Tages wird die Welt nur noch diesem Rhythmus folgen und es wird Frieden sein zwischen den Menschen. Und Liebe zwischen mir und der Maus.

1.40 die Bahnhofsuhr. Ich könnte kotzen. Scheiß Bier, scheiß Leben, scheiß Maus. Ich werde ihr alles sagen. Morgen!

4.35 ich verstehe nur noch Bahnhof. Liebt sie mich? Sich? Ihn? Uns? Die Sonne? Den Mond? Die Sterne? Ich liebe mein Bett...bald.

0.26 noch ein letzter Zug. Dann endlich weiter. Gehen bringt Vergessen. Ich sollte weniger essen. Diese Wampe. Ich könnte kotzen.

If there's an order in all of this disorder
Is it like a tape recorder?
Can we rewind it just once more.

Nichts leichter als das.

0.25 auf der Bahnhofsuhr. Der große gelbe Mond und die Zeit. Was hatte die Maus geschrieben?

Es ist so scheißegal, was die Maus geschrieben hat. Ich werde ihre Liebe in diesen Worten nicht entdecken. Hass hört man wenigstens zwischen den Zeilen raus. Liebe muss man fühlen. Bin wohl betäubt. Bleibt wohl nur die Hoffnung. Ja ich weiß, was die am Ende macht: Kotzen. Hinter jeden zweiten Baum auf dem Heimweg, kotzt sich die Hoffnung, die Seele aus dem Leib und sie kann es nicht mehr hören, will endlich mal wie alle anderen Gefühle auch beim ersten Knall abhauen. Feigheit vor dem Feind. Feigheit vor der Liebe. Dir wird übel? Wo ist der nächste Baum?

Sometimes I feel like I don`t have a partner

Der Mund schnell abgeputzt. Mundschutz rein. Ring frei für Runde 13. Angst, Maus, Licht, Gedanken und Versagen. Alle nur Zuschauer. Kämpfen muss ich. Endlose Runden.

"Eine Runde Tequilla für den zweiten Tisch vor der Toilette." "Braune oder Weiße?" "Weiße natürlich. Wir sind doch keine Mädchen."

Keine Widerrede, Mann, weil ich doch sowieso gewinn

Dann trink doch deinen scheiß Braunen. Aber ohne mich. Du wirst dich eines sonnigen Tages noch an Tequilla tot saufen. Wirst weinen - den Rest deines Lebens. Wirst deinen Kindern erklären müssen, warum ihr Vater so ein Arsch ist. Wirst wissen, dass es irgendwo einen Mann gibt, der dich hätte glücklich machen können. Wirst es wissen und nichts mehr ändern können.

"Ich werde den Rest meines Lebens auf deine Einsicht warten."

Halt, dies ist kein Film. Dein Happy-End ist für dieses Leben ersatzlos gestrichen. Denn ich werde nicht warten. Werde jetzt schlafen gehen. Dich morgen aus meinem Gedächtnis streichen. Übermorgen eine andere Maus lieben.

Und glücklich werden.

Nothing changes on a New Years Day.
(I need this)