Cantos North / Nordgesänge
Zweisprachige Ausgabe. Übersetzung ins Deutsche von Heide Fruth-Sachs
von Henry Beissel
Verlag LiteraturWissenschaft.de (TransMIT)Marburg an der Lahn 2020
144 Seiten
ISBN 978-3-936134-71-1
Preis: 14,90 €
Die zuerst 1980 erschienenen „Nordgesänge“, von Henry Beissel „geschrieben aufgrund einer 30jährigen Liebesgeschichte mit Kanada“, wurden 2017 im kanadischen Verlag Guernica Editions mit einem autobiographischen Vorwort des Dichters und einem Nachwort der kanadischen Literaturwissenschaftlerin Sherrill Grace erneut veröffentlicht, jetzt von Heide Fruth-Sachs in Absprache mit dem Autor ins Deutsche übersetzt und liegen hier in einer zweisprachigen Ausgabe vor.
Zum Inhalt
Episch konzipiert, lyrisch in der Begeisterung für die Natur, oft kompromisslos in der Darstellung von Gewalt und Gier, reich an genau beobachteten Details – Farben, Geräuschen, Rhythmen, Gerüchen und Stimmen –, die alle diesen Ort ausmachen, den wir „unsere Heimat und unser Vaterland nennen“, singt Cantos North von einer alternativen Sicht auf die Geschichte Kanadas, von ortsgebundenen Mythen, nicht von Ursprüngen, die uns alle einschließen.
Die zuerst 1980 erschienenen „Gesänge“ wurden 2017 im kanadischen Verlag Guernica Editions mit einem autobiographischen Vorwort des Dichters und einem Nachwort der kanadischen Literaturwissenschaftlerin Sherrill Grace erneut veröffentlicht, jetzt von Heide Fruth-Sachs in Absprache mit dem Autor ins Deutsche übersetzt und liegen hier in einer zweisprachigen Ausgabe vor. Das Vorwort zu den „Nordgesängen“ von Henry Beissel, dem 1929 in Köln geborenen Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler, beginnt mit den Sätzen: „Cantos North wurde geschrieben aufgrund einer 30jährigen Liebesgeschichte mit Kanada. Als ich am 1. April 1951 in einer TCA Propeller-Maschine aus London (UK) auf dem Malton-Flughafen in Toronto landete, um zu immigrieren, wusste ich im Grunde von Kanada nur, dass es die größere Hälfte des nordamerikanischen Kontinents umfasst. Ich war auf der Flucht aus meiner Kindheit unter einer Diktatur und dem jahrelangen Bombardement der Stadt Köln in Deutschland ...“
Der Verlag dankt dem Canada Council for the Arts und der Ontario Book Publishers Organization für die finanzielle Unterstützung bei der Übersetzung und Veröffentlichung des Buches sowie dem Marburger Zentrum für Kanada-Studien für organisatorische Hilfe. Der Plan zur Veröffentlichung entstand im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Ehrengastauftritt Kanadas auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 2020. Dieser ist zwar aufgrund der Corona-Krise auf 2021 verschoben worden, eine starke digitale Präsenz kanadischer Literatur bei der Buchmesse 2020 ist jedoch geplant. Der Verlag LiteraturWissenschaft.de und seine Zeitschrift literaturkritik.de beteiligen sich daran gerne.
Autor
Henry Beissel, geboren 1929 in Köln, ist ein kanadischer Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler. Nach einem Studium der Philosophie in Köln und in London emigrierte er 1951 nach Kanada. Er lebt mit seiner Frau, der Übersetzerin und Malerin Arlette Francière, in Ottawa. Als Literaturwissenschaftler lehrte er an Universitäten in München, Edmonton, Trinidad und dreißig Jahre lang als Professor der Concordia Universität in Montreal, wo er ein erfolgreiches Creative Writing-Programm etablierte. Zu seinem 85. Geburtstag wurde Henry Beissel mit der Einrichtung eines nach ihm benannten Stipendiums für kreatives Schreiben an der Universität Toronto geehrt.
Sein schriftstellerisches Engagement wurde in Kanada durch die kontroverse politisch-literarische Zeitschrift Edge bekannt, die er in Edmonton, Alberta, gründete und von 1963 bis 1969 herausgab. Seitdem hat er über vierzig Bücher veröffentlicht, die sowohl in Kanada als auch im Ausland große literaturkritische Aufmerksamkeit fanden, darunter bisher zwanzig Lyrikbände. Als Dramatiker wurde er international bekannt mit Inuk and the Sun, das 1982 auf dem Stratford Festival Premiere hatte und in viele Sprachen übersetzt wurde. 2019 erschien sein Gedicht-Band Footprints of Dark Energy, der im September 2020 für den Ottawa Book Award nominiert und im Oktober mit dem Preis ausgezeichnet wurde.
2015 ist im Verlag LiteraturWissenschaft.de sein autobiographisches Langgedicht Coming to Terms with a Child / Ein Kind kommt zur Sprache in einer zweisprachigen Ausgabe erschienen, 2016 sein Gedicht-Band Fugitive Horizons / Flüchtige Horizonte, der von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in die jährlich erscheinende „Empfehlungsliste von Neuerscheinungen deutschsprachiger Lyrik und ins Deutsche übersetzter Lyrik“ aufgenommen wurde. Übersetzt hat den Band Heide Fruth-Sachs. Die Anglistin lebt in München und hat einen Zweitwohnsitz in Kanada.
Leseproben
Videoclip des Ehrengastes Kanada bei der Buchmesse 2020 und 2021 in Frankfurt und der Botschaft von Kanada in Berlin mit der Übersetzerin Heide Fruth-Sachs auf der Weltlesebuehne. Informationen zu und Lesung aus Henry Beissels Cantos North / Nordgesänge:
Hier eine weitere Leseprobe aus:
Fünfter Gesang: Wie man einen Iglu / In die Geschichte baut
Bevor Blindheit die Insel Chios schlug, war da Baffin Island
und der trommelnde Pulsschlag eines Göttergeschlechts strenger als der Olymp;
bevor Homer dem Meer zutrinken konnte, die Augen vom dunklen Wein
seiner Lieder erfüllt, sang dieselbe Sonne hier oben im Norden
in die vor Kälte zusammengekniffenen Augen der Menschen gegen die Kälte an.
Knochenrassel und Leier – zwei Stimmen für dasselbe Herz, aber der Wind
ist rauer hier und formt die gefrorenen Ebenen nur für eine einzige Jahreszeit.
ZEICHNE DIE KARTE DER KÄLTE VOR DIE STERNE UND ZIEH EINEN KREIS IM SCHNEE
Wer weiß wie oft die Walfänger die weiße Wüste des Winters durchquerten,
ohne eine Spur zu hinterlassen, keiner Spur folgend außer der, die die Sterne
in den kreisenden Himmel brennen, oder einer, die vielleicht von Hasenpfoten
über die frische Leinwand eines Oktobertages am Pol gezogen wurde. Mit Schneebrillen auf
den Augen reisten sie gelockt vom Geruch und Schnauben des Blutes gegen die eisige Sonne,
bis die Nacht sie überwältigte und sie im Zentrum eines Traumes
ihr Heim in Bienenstöcke des Lichtes bauten und die Stille ertrugen.
SPALTE WINDVERBLASENE SCHNEEWEHEN
IN QUADER UND BAUE DAMIT ÜBER DEM DUNKLEN KREIS EIN GEWÖLBE
Während im Süden und Osten ihrer bekannten Welt sonnengehärtete
Steinblöcke für Agamemnons Grab herangewuchtet und zusammengefügt wurden,
entwickelten die Männer in Dorset eine so perfekte Architektur der Sphären,
dass Pythagoras sie beneidet hätte. Während die Akademiker Europas über Wahrheit
debattierten, meißelten die Innuit ihren Lebensraum aus windstarren schneeverdichteten
Marmortafeln, die die Körperwärme gegen die interstellare Bedrohung besser
konservierten als die Akropolis, das Kolosseum, Chartre und Neuschwanstein zusammen.
MIT KLINGEN AUS ELCHHORN HACKE
EINE SCHNEEPLATTE IN QUADER UND BAUE SIE
ALS SPIRALE ZUM SCHUTZ GEGEN DEN STARKEN WIND UND DAS DUNKEL
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